Der Artikel 51 Abs. 2 der Bayerischen Gemeindeordnung hat folgende Fassung:
(2) 1Kein Mitglied des Gemeinderats darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Gemeinderats zur Verantwortung gezogen werden. 2Die Haftung gegenüber der Gemeinde ist nicht ausgeschlossen, wenn das Abstimmungsverhalten eine vorsätzliche Pflichtverletzung darstellt. 3Die Verantwortlichkeit nach bundesrechtlichen Vorschriften bleibt unberührt.
Unser Kommentar:
Wenn die Bezirksregierung von Oberbayern, zugleich die Aufsichtsbehörde der Stadt München, die Auffassung vertritt, die Stadträt*innen, die für einen Stopp des Kiesabbaus stimmen, müssten zwangsläufig mit ihrem Privatvermögen haften, falls es zu Schadenersatzansprüchen Dritter (etwa des Siegers im Ausschreibungsverfahren) kommt, dann unterliegt sie zwei fundamentalen Fehleinschätzungen:
- Sie hielte eine Entscheidung zum Stopp des Kiesabbaus für eine vorsätzliche Pflichtverletzung der Stadträt*innen. Schon diese Auffassung ist haarsträubend, denn die gewählten Abgeordneten haben verschiedene Pflichten. Dazu gehört auch die Verpflichtung zum Klima- und Umweltschutz!
- Absatz 2 Satz 2 sagt lediglich, dass eine Haftung von Mitgliedern des Gemeinderats/Stadtrats nicht ausgeschlossen ist. Es gibt vom Wortlaut des Gesetzes für die Bezirksregierung also überhaupt keine Notwendigkeit, die Stadträt*innen haftbar zu machen. Es liegt im Ermessen der Stadt und ihrer Aufsichtsbehörde, ob sie ggf. Schadenersatzansprüche an die Stadträt*innen durchreicht.
Da für den Stopp des Kiesabbaus im Forst Kasten aber gute Gründe vorliegen, müssen diese auch in der Abwägung berücksichtigt werden. Eine Haftungsverpflichtung der Stadträt*innen wäre dann kaum vertretbar.
Natürlich werden sich auch Juristen finden lassen, die die Auffassung der Bezirksregierung bestätigen. Der eigentliche Skandal liegt darin, dass die Bezirksregierung gegen den Stadtrat eine harte Linie fährt und den Kiesabbau im Forst Kasten mit ziemlich fiesen Mitteln unbedingt durchsetzen will!
Daher halten wir es für einen ungeheuerlichen Vorgang, die Stadträt*innen mit der Drohung von Schadenersatzansprüchen einzuschüchtern.