Hintergrundpapier von Birgit Zipfel (Grüne) und Mechthild von der Mülbe (SPD)

Hintergrundpapier von Birgit Zipfel und Mechthild v.d. Mülbe zum Top2 Zweckentfremdung von Wohnraum, Gemeinderatssitzung am 26.2.2019

 

Arbeitsgrundlage des Gemeinderates ist die Verfassung des Freistaates Bayern

Art. 106

(1) Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.

(2) Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.

(3) Die Wohnung ist für jedermann eine Freistätte und unverletzlich.

 

Art. 158

Eigentum verpflichtet gegenüber der Gesamtheit. 2Offenbarer Missbrauch des Eigentums– oder Besitzrechts genießt keinen Rechtsschutz.

 

Gesetzlicher Hintergrund

Bundesländer können ein Wohnraum-Zweckentfremdungsverbots-Gesetz erlassen. Bayern hat dies getan und es Mitte 2017 nicht nur entfristet sondern auch verschärft. Jetzt ist bei Verstößen ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro möglich. Damit ermächtigt die Staatsregierung sehr bewusst ihre Gemeinden Wohnraum zu schützen.

Der Weg: Erlass einer Zweckentfremdungssatzung

Das Ziel: Schutz vor langfristigem Leerstand und Vermietung über Portale wie airbnb, wimdu und 9flats was auch bei uns in Neuried zunehmend attraktiv wird z.B. aufgrund der vielen Messen, der touristischen Attraktivität Münchens (Oktoberfest) und des Umlandes. Gerade im Hinblick auf die neuen Wohnanlagen sollte Neuried schon jetzt deutlich machen, dass die oben genannten spekulativen Fremdnutzungen nicht gewünscht sind.

 

In Bayern haben sicher München und Puchheim eine Zweckentfremdungssatzung. Augsburg, Bamberg, Landshut und Nürnberg sind auf dem Weg (Recherchestand Internet Feb. 2019).

 

Auszug aus dem bayerischen Wohnraum-Zweckentfremdungsverbots-Gesetz:

http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayZwEWG2008
Art. 1 Zweckentfremdungssatzung

Gemeinden können für Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren bestimmen, dass Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf, wenn sie dem Wohnraummangel nicht auf andere Weise mit zumutbaren Mitteln und in angemessener Zeit abhelfen können. 2Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum

  • zu mehr als 50 % der Gesamtfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,
  • baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
  • mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird,
  • länger als drei Monate leer steht
  • oder beseitigt wird

 

Vorschlag zur Verfahrensweise : Orientierung nicht an München sondern an Puchheim. Aufgrund der Erfahrungen in Puchheim einen aktualisierten Entwurf der Zweckentfremdungssatzung erarbeiten und dem Gemeinderat vorlegen.

Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Stadt Puchheim (ZwEWS)

Die Stadt Puchheim erlässt aufgrund Art. 1 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 10.12.2007 (GVBl. S. 864, BayRS 2330-11-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.06.2017 (GVBl. S. 182) folgende Satzung:

  • 1 Zweckentfremdung von Wohnraum, Genehmigungsvorbehalt

(1) Wohnraum darf im Stadtgebiet Puchheim nur mit Genehmigung der Stadt überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden (Zweckentfremdung).

(2) Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum

  1. zu mehr als 50 % der Gesamtfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke ver-wendet oder überlassen wird,
  2. baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
  3. mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird,
  4. länger als drei Monate leer steht oder
  5. beseitigt wird.

 

  • 2 Genehmigung

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des Wohnraums überwiegen.

(2) Die Genehmigung kann erteilt werden, wenn dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraums durch die Schaffung von Ersatzwohnraum oder durch Entrichtung einer Ausgleichszahlung in verlässlicher und angemessener Weise Rechnung getragen wird.

(3) Die Genehmigung wirkt für und gegen den Rechtsnachfolger; das Gleiche gilt auch für Personen, die den Besitz nach Erteilung der Genehmigung erlangt haben.

(4) 1Über den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung entscheidet die Stadt Puchheim nach Vorliegen aller Unterlagen innerhalb einer Frist von drei Monaten. 2Nach Ablauf der Frist gilt die Genehmigung als erteilt.

 

  • 3 Auskunfts- und Betretungsrecht, Anordnungen

(1) 1 Die dinglich Verfügungsberechtigten Besitzer, Verwalter und Vermittler haben der Stadt Puchheim die Auskünfte zu geben und die Unter-lagen vorzulegen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohn-raum und dieser Satzung zu überwachen. 2 Sie haben dazu auch den von der Stadt Puchheim beauftragten Personen zu ermöglichen, zu angemessener Tageszeit Grundstücke, Gebäude, Wohnungen und Wohnräume zu betreten. 3 Die Auskunftspflichtigen haben auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die ein Auskunftspflichtiger gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Auskunftspflichtigen oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Auskunftspflichtigen verwendet werden. Satz 1 gilt auch für Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes.

(2) Ist eine Zweckentfremdung nicht genehmigungsfähig, kann die Stadt Puchheim anordnen, die Zweckentfremdung zu beenden und den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen.

 

  • 4 Ordnungswidrigkeiten

(1) 1Mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € kann belegt werden, wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt. 2Mit Geldbuße bis zu 50.000 € kann belegt werden, wer entgegen § 3 Abs. 1 Auskünfte nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt oder Unterlagen nicht oder nicht vollständig vorlegt.

(2) Eine begangene Ordnungswidrigkeit wird durch eine nachträgliche Genehmigung nicht geheilt.

  • 5

Inkrafttreten, Außerkrafttreten Die Satzung tritt nach dem Tag ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten außer Kraft.