Der Bayerische Landtag hat im Februar 2018 mehrere Änderungen der Bayerischen Gemeindeordnung beschlossen. Die neuen Fassung des Artikels 52 stellt klar: nichtöffentliche Tagesordnungspunkte dürfen weiterhin – wie in Neuried seit gut zwei Jahren praktiziert – öffentlich bekannt gemacht werden, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden. Eine ausdrückliche Pflicht zur Bekanntmachung der Tagesordnung gilt zukünftig allerdings nur (noch) für den öffentlichen Teil der Sitzung.
Bisherige Rechtslage
Der Artikel 52 Abs. 1 der Bayerischen Gemeindeordnung hatte bis zum 31.03.2018 folgenden Wortlaut:
„Zeitpunkt und Ort der Sitzungen des Gemeinderats sind unter Angabe der Tagesordnung, spätestens am dritten Tag vor der Sitzung, ortsüblich bekanntzumachen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Gemeinderats.“
Rechtlich umstritten war die Frage, ob die Pflicht zur Angabe der Tagesordnung nur für den öffentlichen Teil der Sitzung gilt oder für die gesamte Tagesordnung einschließlich des nichtöffentlichen Teils. Da der Wortlaut des bisherigen Gesetzes keine Einschränkung der Bekanntmachungspflicht auf den öffentlichen Teil der Sitzung vorsah, hatten in den letzten Jahren mehrere Kommentatoren die Auffassung vertreten, die Pflicht zur Bekanntmachung gelte für alle Tagesordnungspunkte. Diese Auffassung hatten auch wir am 15.12.2014 übernommen.
Die Mustergeschäftsordnung des Bayerischen Gemeindetages sieht dagegen in § 19 Abs. 3 Satz 2 vor:
„Die Tagesordnung nichtöffentlicher Sitzungen wird nicht bekannt gemacht.“
Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Empfehlung des Gemeindetags, die streng genommen gegen den bisherigen Wortlaut des Artikels 52 verstieß. Der Bayerische Gemeindetag berief sich auf sogenannte herrschende Meinung unter den Kommentaren zur Bayerischen Gemeindeordnung.
Bekanntmachung in Neuried
Verschiedene bayerische Städte und Gemeinden, darunter die Landeshauptstadt München und die Gemeinde Neuried sind aber schon seit einigen Jahren dazu übergegangen, sämtliche Tagesordnungspunkte öffentlich bekannt zu machen. Damit wird den Bürger*innen ein Höchstmaß an Transparenz geboten. In Neuried folgte der Gemeinderat einstimmig einem Antrag der Fraktion der Grünen vom 10.11.2014. Der Beschluss vom 25.11.2014 sah vor, dass die Verwaltung der Gemeinde zunächst noch eine rechtliche Prüfung der Zulässigkeit einholen sollte. Diese Prüfung war erfolgreich, führte aber zu einer Verzögerung der Umsetzung des Beschlusses um ca. ein Jahr. Insbesondere musste die Geschäftsordnung der Gemeinde Neuried (§ 24 Abs. 3 auf Seite 19) angepasst werden, denn zuvor entsprach sie in Bezug auf die Bekanntmachungen der Mustergeschäftsordnung des Bayerischen Gemeindetages.
Neue Rechtslage
Nach dem inzwischen beschlossenen Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung vom 06.12.2016 (Drucksache 17/14651; Ziffer 15 auf Seite 6) hat der Artikel 52 Abs. 1 der Bayerischen Gemeindeordnung jetzt folgenden Wortlaut:
„Zeitpunkt und Ort der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats sind unter Angabe der Tagesordnung, spätestens am dritten Tag vor der Sitzung, ortsüblich bekanntzumachen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Gemeinderats.“
Mit Wirkung zum 01.04.2018 wurde das Wort „öffentlichen“ vor „Sitzungen“ eingefügt. Auf den ersten flüchtigen Blick könnte der neue Wortlaut wie ein Verbot der Bekanntmachung der Tagesordnung von nichtöffentlichen Sitzungen aussehen. Zum Glück ist dies aber nicht der Fall.
Denn nur die Pflicht zur Veröffentlichung der Tagesordnungen von Sitzungen des Gemeinderats bezieht sich auf den öffentlichen Teil. Die Möglichkeit zur Veröffentlichung der Tagesordnung des nichtöffentlichen Teils der Sitzungen des Gemeinderats bleibt den Städten und Gemeinden erhalten. Darauf weist die Bayerische Staatsregierung in der Gesetzesbegründung (Nr. 40 auf Seite 17) ausdrücklich hin:
„Es besteht gleichwohl die Möglichkeit, Zeitpunkt und Ort nichtöffentlicher Sitzungen sowie Informationen zu diesen Sitzungen (z.B. eine Tagesordnung in verallgemeinerter Form) bekannt zu geben, sofern diese Informationen nicht geheimhaltungsbedürftig sind (z.B.aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit, aufgrund berechtigter Ansprüche Einzelner oder aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen).“
Auswirkungen der neuen Regelung
Zunächst einmal braucht sich der Bayerische Gemeindetag nicht mehr gegen den Vorwurf zu verteidigen, seine Mustergeschäftsordnung widerspreche dem Wortlaut der Gemeindeordnung. Da die Bekanntmachung der Tagesordnung nur noch für den öffentlichen Teil vorgeschrieben ist, kann die Mustergeschäftsordnung jetzt unumstritten empfehlen, dass die Tagesordnung nichtöffentlicher Sitzungen nicht bekannt gemacht wird.
Auf der anderen Seite besteht jetzt aber ebenso unumstritten die Möglichkeit, Zeitpunkt und Ort nichtöffentlicher Sitzungen sowie Informationen zu diesen Sitzungen bekanntzugeben, wenn man darauf achtet, dass diese Informationen selbst nicht geheimhaltungsbedürftig sind.
Die Umstellung zur Bekanntmachung nichtöffentlicher Sitzungen wird einfacher
Damit wird es für diejenigen Gemeinden, die sich wie Neuried dem Vorbild der Stadt München anschließen wollen, leichter, eine Bekanntmachung der nichtöffentlichen Sitzungen zu beschließen und umzusetzen.
Die Option zur Bekanntmachung nichtöffentlicher Sitzungen ist jetzt von höchster Stelle legitimiert.
Während der Gemeinderat von Neuried im Dezember 2014 noch eine rechtliche Prüfung seiner Absicht einholen musste, bevor er seinen Plan umsetzen konnte, so hat die Bayerische Staatsregierung durch die oben zitierte Gesetzesegründung die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Bekanntmachung bereits mitgeliefert.
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